Kommuniqué des erzbischöflichen Büros vom 25. September 2019

 

 

Zur rechtlichen Situation unseres Erzbistums

 

Mehrere, als „Privatmeinung“ apostrophierte Beiträge sind momentan im Umlauf, die versuchen, die Kleriker unseres Erzbistums zu entmutigen, an der Pastoralversammlung am kommenden 28. September teilzunehmen, indem sie vorgeben, dass Erzbischof Johannes nicht mehr befugt sei, dem Erzbistum vorzustehen. Diese Meinungsäußerungen vermischen gekonnt juristische und kirchliche Begrifflichkeiten. Sie beziehen sich an zahlreichen Stellen auf die Statuten, die sie gerne als „fundamentales Gesetz“ bezeichnen, um sie besser umgehen zu können: 1) Der Rat des Erzbistums (CA) ist nach den Statuten nicht berechtigt, mitzuentscheiden: es ist « der Erzbischof, assistiert vom Bischofsrat und dem Rat des Erzbistums, dem die Fülle der Macht hinsichtlich der lehrmäßigen und moralischen Lehre, der Administration und der Verwaltung, des liturgischen Lebens und des Pastoraldienstes anvertraut ist » (Artikel 39). Es existiert folglich keine « pastorale Mitverantwortlichkeit » des Rats des Erzbistums im Sinne unserer Statuten. Die Worte haben ihren besonderen Sinn.

 

2) Einzig eine Außerordentliche Generalversammlung kann über eine Änderung der Statuten entscheiden. Daher bedarf es einer durch Wahl [bestätigten] Zweidrittelmehrheit einer Außerordentlichen Generalversammlung, um in den Statuten einen Wechsel der kanonischen Obedienz einzufügen. Doch nirgends steht geschrieben, dass die Außerordentliche Generalversammlung über die Grundsatzentscheidung selbst eines solchen Wechsels der kanonischen Obedienz zu entscheiden hätte, die vor der Änderung der Statuten steht. Die Statuten schweigen über diesen Punkt. Artikel 34, Linie 3, erwähnt, dass die Außerordentliche Generalversammlung entscheiden soll über „die Annäherung an jedwede andere Assoziation“, was nicht eine Änderung der kanonischen Obedienz bedeutet. Es muss also klar als gegeben angesehen werden, dass die Statuten nicht vorsehen, dass es der Außerordentlichen Generalversammlung obliegt, über einen Wechsel der kanonischen Obedienz wahlmäßig zu entscheiden. Dieser Grundsatz hat einen ekklesiologischen Hintergrund: Es handelt sich hier wirklich um eine pastorale Entscheidung. Und Erzbischof Johannes ist Träger der Fülle des pastoralen Dienstes.

 

3) Es ist hier geboten, in Erinnerung zu rufen, dass es der Rat des Erzbistums ist, der statutenmäßige Änderungen der Außerordentlichen Generalversammlung zur Wahl vorschlägt. Und der Rat der Erzdiözese hat sich vor einigen Wochen dem widersetzt, dass eine Statutenmodifikation bezüglich des Wechsels der kanonischen Obedienz vorgeschlagen werden solle. Der Rat der Erzdiözese hat folglich den Vorschlag einer Statutenänderung nicht gewollt, über die einzig die Außerordentliche Generalversammlung entscheiden könnte. Die vergangenen Entscheidungen, die durch den Rat der Erzdiözese getroffen wurden, sind sehr wichtig: keinerlei Statutenänderung wurde am 7. September 2019 vorgeschlagen.

 

4) Es bleibt hinzuzufügen, dass die Statutenänderungen notwendigerweise in einem versetzten Rhythmus zum Leben unserer „Union Directrice Diocésaine“ erfolgen. Die Ausführung der Statuten evoluiert im Laufe der Zeit und spiegelt sich per definitionem nicht unmittelbar in Statutenänderungen wider. So haben wir seit Jahren keine Auxiliarbischöfe mehr. Betroffen ist ein ganzes Kapitel in den Statuten (Artikel 61 bis 65), welches nicht zur Ausführung kommt. Es gibt ebenfalls keinen Bischofsrat mehr (Artikel 56 bis 60). Die Statuten haben trotzdem nicht ihre Gültigkeit verloren, und die Frage, ob denn der Erzbischof ohne Bischofsrat Leitender Erzbischof und ex officio Präsident der „Union directrice diocésaine“ bleiben könne, wurde niemals gestellt, und das aus gutem Grund.

 

5) Diese Änderungen in der Anwendung der Statuten wurden oft durch unsere  [General-]Versammlungen selbst eingebracht, immer mit der Validation durch unseren Erzbischof. Und es bleibt hier zu präzisieren, dass nirgends vorgesehen ist, dass solche Änderungen durch eine Mehrheit von zwei Dritteln zu beschließen wären; tatsächlich gibt es mehrere Mehrheits-Vorgaben nach unseren Statuten: 35% für die Wahl von Mitgliedern des Rats der Erzdiözese, 50% + eine Stimme für die anderen Entscheidungen während einer Außerordentlichen Generalversammlung, zwei Drittel für die Entscheidungen, die in die unmittelbare Kompetenz der Außerordentlichen Generalversammlungen fallen.

 

6) Um es an einem Beispiel zu zeigen: Im Jahr 2016 hat unsere [General-]Versammlung durch ihre Wahl mit 35% der Erwählung eines Kandidaten für den Rat der Erzdiözese auf einer Klerikerliste zugestimmt, obwohl dieser Kandidat sich noch unter der Strafe einer Disziplinarsanktion (Suspendierung) befand und ihn die drohende Prozedur einer Laisierung bedrohte und er unter diesen Umständen nicht auf der Liste der Kleriker hätte erscheinen dürfen, hätte man die Statuten streng befolgt. Die [General-]Versammlung hat in diesem Fall die Entscheidung der Aufhebung der Disziplinarstrafe vorweggenommen, die in der Folge durch Erzbischof Johannes allein verfügt worden ist, in der Ausübung der Fülle seiner Machtbefugnisse in Administration und Pastoraldienst. Die Wahl dieses Kandidaten wurde niemals als „gegen die Statuten verstoßend“ angefochten: sie ergab sich aus der Entwicklung der Anwendung unserer Statuten, wie sie durch die [General-]Versammlung und unseren Erzbischof verstanden wurde.

 

7) Durch ihre Wahl von mehr als 58% für die Eingliederung in das Moskauer Patriarchat haben die Delegierten der Außerordentlichen Generalversammlung vom vergangenen 7. September, die eine satte Mehrheit unseres Erzbistums repräsentierte, klar und deutlich ihren Willen kundgetan, dass ein kanonisches Band gefunden werden soll, welches unserem Erzbistum erlaubt, in der Communio mit der kanonischen Orthodoxie zu verbleiben. Um es nochmal zu sagen: Die so getroffene Entscheidung betraf nicht die Statuten, da der Rat des Erzbistums, wie wir gesehen haben, sich gegen jede Statutenänderung gewendet hat. Sie brauchte keine Zweidrittel-Mehrheit, denn sie fiel nicht in die Entscheidungskompetenz der Außerordentlichen Generalversammlung. Die Außerordentliche Generalversammlung war einberufen worden infolge von Diskussionen am Rande der Außerordentlichen Generalversammlung vom 23. Februar 2019, und konziliar. Diese Entscheidung, sich kanonisch an das Moskauer Patriarchat zu binden, fand in pastoraler Weise Gehör und wurde von Erzbischof Johannes ausgeführt in Ausübung der Fülle seines Pastoraldienstes.

 

8) Die Entscheidung des ökumenischen Patriarchats, den Tomos zu widerrufen und unserem Erzbistum den Status eines Exarchats zu nehmen, hat das kanonische Band zerrissen, das uns mit dem ökumenischen Patriarchat verband. Diese Entscheidung hatte unmittelbare Folgen bezüglich der Anwendung unserer Statuten: sie hat die Bedingung von Artikel 11 der Statuten unmöglich und obsolet gemacht, nach der der Erzbischof, der der „Union diocésaine“ vorsteht, sich auch in der Obedienz des Ökumenischen Patriarchats befinden müsse. Die Mehrheitsentscheidung der [General-]Versammlung des 7. September zur kanonischen Eingliederung in das Moskauer Patriarchat hat es nicht nur gestattet, für unser Erzbistum die Kanonizität wiederzuerlangen, sondern sie hat auch über den Bruch des kanonischen Bandes mit dem Ökumenischen Patriarchat entschieden. Unser Erzbischof hat, indem er allein und den Regeln entsprechend statutengemäß als Garant des Pastoraldienstes gehandelt hat, dem Wunsch der [General-]Versammlung entsprochen. In beiden Fällen (Wahl des Mitglieds des Rats der Erzdiözese und kanonische Eingliederung) war die Entwicklung der Ausführung unserer Statuten sehr wohl durch die [General-]Versammlung gewollt und ist daraufhin durch unseren Erzbischof beschlossen worden.

 

9) Das Fazit, das bislang daraus zu ziehen ist, besagt, dass die These, nach der Erzbischof Johannes sich „selbst ausgeschlossen hat“ aus dem Erzbistum, weil er sich „entschlossen“ hat, „alleine“ das kanonische Band mit dem Ökumenischen Patriarchat zu zerstören und somit in buchstäblicher Anwendung von Artikel 11 der Statuten nicht mehr das Erzbistum leiten könne, absurd ist: Erzbischof Johannes hat von der Zurücknahme des Tomos und von einer Entscheidung der [General-]Versammlung, die unmittelbare pastorale Folgen hatten, Kenntnis genommen, die die Nennung der kanonischen Eingliederung in das Ökumenische Patriarchat, die sich in den Artikeln 7 und 11 unserer Statuten widerspiegelt, obsolet – da unmöglich – machen. Er hat den auf breiter Basis mehrheitlichen Wunsch der [General-]Versammlung und also auch des Erzbistums in seiner Gänze erhört und hat um die kanonische Eingliederung in das Moskauer Patriarchat gebeten. Er hat nicht als Einzelperson gehandelt. Er hat sich nicht „selbst ausgeschlossen“: Er ist vielmehr bei den Seinen geblieben, sowohl pastoral, als auch statutengemäß.

 

10) Erzbischof Johannes hat darüber gewacht, unser Erzbistum hin zur einzigen pastoralen Lösung zu führen, dies es ihm gestatten würde, in seiner Gesamtheit und Autonomie weiterzubestehen, was seiner primären Aufgabe entspricht. Tatsächlich widerspräche jeder Lösungsversuch einem statutengemäßen Wahlausgang, der den Willen von 93% der Außerordentlichen Generalversammlung vom 23. Februar missachten würde, [der wünscht] unser Erzbistum gegen jede Auflösung zu verteidigen, sei es innerhalb der griechischen oder der rumänischen Metropolien. Jeder Lösungsversuch widerspräche der Konziliarität und unseren Canones, der nicht den Mehrheitsentschluss unserer Delegierten respektierte, mit dem Ökumenischen Patriarchat zu brechen und um die Eingliederung in das Moskauer Patriarchat zu bitten. Somit widersetzen sich jene dem Wunsch der klaren Mehrheit der Mitglieder des Erzbistums, das Band mit dem Ökumenischen Patriarchat zu zerreissen, die leichtfertig das Votum der Versammlung vom 23. Februar hinsichtlich der Auflösung des Erzbistums und des Zerbrechens seiner Gesamtheit missachten, und die sogar vorgeben, ihren Erzbischof seines Amtes zu entheben, dessen Entscheidungen mehrheitlich durch die [General-]Versammlung Unterstützung fanden: sie sollten aufrichtig ihre Legitimationen und ihre Motivationen hinterfragen, wie übrigens auch ihren Gebrauch des Begriffs „Putsch“.

 

11) Es bleibt schließlich in Erinnerung zu rufen, dass der Rat des Erzbistums formal nur dann Erörterungen vornehmen kann, wenn er gültig einberufen wurde und tatsächlich debattiert. Wenn mehrere Mitglieder sich, ohne die Organe des genannten Rates (Präsident, Vizepräsident, Sekretär) zu benachrichtigen, versammeln, so sind sie nicht der Rat des Erzbistums. Sie sind nicht „mitverantwortlich“. Sie sind verantwortungslos. Sie haben keinerlei Recht, kanonische Entlassungen auszustellen. Die betroffenen Kleriker-Mitglieder können auch nicht vorgeben, zum Erzbistum zu gehören, obwohl sie schon selbst eine kanonische Entlassung beantragt und erhalten haben. Sie täuschen dadurch diejenigen, die ihre Zeilen lesen und die ihnen zuhören, in dem, was sie tun, und in dem, was sie sind.

 

12) Und schließlich: Es gibt auch keinen Locum tenens des Erzbistums, weil niemand seine Berufung beantragt hat. Statutengemäß muss sie durch den Rat der Erzdiözese erfolgen. Das ist es, was die Autoren des Kommuniqués vom 14. September noch in der Nacht aus der Katastrophe heraus meinten, tun zu müssen. Doch sie waren nicht der Rat des Erzbistums. Es gibt folglich keinen Locum tenens. Erzbischof Johannes ist somit und bleibt auch statutengemäß unser Leitender Erzbischof, Präsident der „Union Directrice Diocésaine des Associations Orthodoxes Russes en Europe Occidentale“. Er hat niemals aufgehört, es zu sein seit seiner Wahl, und er kann nicht abgesetzt werden – weder durch das Patriarchat von Konstantinopel (und auch nicht durch jenes von Moskau übrigens), noch durch den Rat des Erzbistums. Erzbischof Johannes hat seinerseits und konziliar die Gesamtheit der Wahlen der Versammlungen respektiert, statutengemäß und gemäß unseren Canones. Erzbischof Johannes lädt heute alle Kleriker des Erzbistums zur Pastoralversammlung am 28. September 2019 ein. Es ist eine historische Versammlung, denn unser Erzbistum ist aufgerufen, seine Eingliederung in das Moskauer Patriarchat zu erbitten, in Übereinstimmung mit der Übereinkunft, die seine Unversehrtheit und seine Autonomie garantieren. Auch diesbezüglich hat man viel zu hören und zu lesen bekommen, was nicht der Wirklichkeit entsprach und in die Irre führte, dass diese Vereinbarung nämlich keine Gültigkeit mehr besäße oder dass sie „vergessen“ worden wäre. Es handelt sich sehr wohl um eine Eingliederung unter den Bedingungen ebendieser Übereinkunft, die pastoral den Klerikern des Erzbistums während der Pastoralversammlung am 28. September unterbreitet wird.