Kommuniqué des erzbischöflichen Büros vom 17. September 2019

 

N° de protocole : 19.047

 

 

Liebe Väter, in Christus geliebte Brüder und Schwestern!

 

 

Einige Mitglieder des Rats der Erzdiözese haben, ohne andere Mitglieder – und mich im Besonderen – davon in Kenntnis zu setzen, die Initiative ergriffen, Euch zu schreiben, angeblich im Namen des Rats in seiner Gesamtheit, um Euch anzukündigen, dass sie vom Patriarchen in Konstantinopel, dem das Erzbistum nicht mehr angehört, die Ernennung eines Locum tenens erbeten haben. Sie begründen das mit einer buchstäblichen Interpretation unserer Statuten, die vorsehen, dass der Erzbischof, der der „Union Directrice Diocésaine“ als Präsident vorsteht, dem Ökumenischen Patriarchat angehört. Sie folgern daraus, dass es, da das nicht mehr der Fall ist, auch keinen Erzbischof mehr gibt (!), und geben demnach vor, an seiner Stelle und an seinem Platz imstande zu sein, kanonische Entlassungen vornehmen zu können. Sie haben hingegen, was die Kleriker betrifft, bereits gleichzeitig ihre eigene kanonische Eingliederung entweder in die griechischen Metropolien oder die rumänische Kirche erbeten. Schließlich und vor allem laden sie die Kleriker dazu ein, sich einer dieser Entitäten anzuschließen.

 

Damit ist das, wozu sie unter dem Vorwand aufrufen, unser Erzbistum „schützen“ und „weiterführen“ zu wollen, in Wahrheit durch eine Folge von Sinnfehlern die Zerschlagung unseres Erzbistums.

 

Es stimmt, dass unsere Statuten die kanonische Angliederung an das Patriarchat von Konstantinopel erwähnen. Wir haben jedoch mit diesem Patriarchat gebrochen. In der [General-]Versammlung. Wir haben ein erstes Mal den Bruch vollzogen am 23. Februar 2019, als wir, gegen den Bescheid der kanonischen Unterwerfung vom 12. Januar 2019, zu 93 % gegen die Auflösung unseres Erzbistums gestimmt haben. Und wir haben den Bruch mit dem Ökumenischen Patriarchat definitiv vollzogen am vergangenen 7. September, als eine satte Mehrheit sich für die Eingliederung in das Moskauer Patriarchat ausgesprochen hat. Ich möchte hinzufügen, dass von denen, die gegen das Projekt der Eingliederung in das Moskauer Patriarchat gestimmt hatten, eine große Anzahl auch nicht mehr die Aufrechterhaltung der kanonischen Angliederung an das Ökumenische Patriarchat wollten.

 

Liebe Väter, geliebte Brüder und Schwestern, Euer Klerus feiert jeden Sonntag die Eucharistie. Um das zu tun, und weil wir eine kanonische Kirche sind und es bleiben wollen, muss diese grundlegende Feier, die den Grund unseres Lebens als orthodoxe Christen legt, eingebettet sein in ein klares, eindeutiges kanonisches Band, auf dass es vor dem Kelch auch nicht die kleinste Doppeldeutigkeit geben kann. Könnt Ihr Euch auch nur vorstellen, dass Euer Erzbischof den Patriarchen Bartholomäus unter diesen Umständen nach der Entscheidung der Außerordentlichen Generalversammlung vom vergangenen 7. September noch kommemorieren könnte?

 

Ich habe Euch geschrieben, dass ich der Bürge des pastoralen Dienstes bin, was unsere Statuten in Erinnerung rufen. Die Entscheidung der [General-]Versammlung verpflichtet mich. Sie hat die Entscheidung getroffen für den Bruch mit dem Ökumenischen Patriarchat. Sie hat mir eine pastorale Entscheidung aufgetragen, die ich in meiner Seele und vor meinem Gewissen getroffen habe, um dieses Band in aller Offenheit und Klarheit wiederherzustellen.

 

Unsere Außerordentlichen Generalversammlungen vom 23. Februar und vom 7. September 2019 haben aufgrund dieser Tatsache die diesbezüglichen Verweise auf das Ökumenische Patriarchat in unseren Statuten überflüssig gemacht. Unsere Versammlungen sind es, unsere konziliar getroffenen Entscheidungen, die unsere Statuten weiterentwickelt haben, und wir müssen sie daher  konsequenterweise ändern.

 

Unsere Statuten enthalten gegenwärtig zahlreiche andere Bestimmungen, die nicht oder nicht mehr zur Anwendung kommen, und das seit Jahren, angefangen mit der Wahl unserer Auxiliarbischöfe oder bezüglich des Funktionierens des Bischofsrates. Trotzdem hat das Erzbistum deshalb nicht aufgehört zu funktionieren oder zu existieren.

 

Ihr seht also: sich an einer buchstäblichen und sinnentleerten Lesart unserer Statuten festzuhalten – und ich darf hier in Erinnerung rufen, dass unsere Statuten die Pastoral organisieren, doch dass sie nicht ihr Fundament bilden –, gestattet jedweden Verstoß gegen sie und führt zu nichts.

 

Durch diese buchstäbliche Lesart wurde eine regelrechte Fiktion erschaffen, deren Wunsch es ist, dass einige Priester und Laien, denen es völlig frei steht und die das Recht haben, sich kanonisch an das Patriarchat von Konstantinopel mittels ihrer griechischen Metropolien in Europa anzugliedern, behaupten können, unser Erzbistum zu repräsentieren, ja sogar seine „Weiterträger“ zu sein, obwohl unsere [General-]Versammlungen und somit unser Erzbistum klar, deutlich und mit großer Mehrheit mit diesem selben Patriarchat gebrochen haben.

 

Dieser Gedankengang steht der Konziliarität entgegen. Und er ist absurd: Wie können diese wenigen Kleriker und Laien behaupten, sie könnten einerseits die Ernennung eines Locum tenens für unser Erzbistum vom Patriarchen von Konstantinopel erbitten, während die [General-]Versammlungen deutlich das kanonische Band zurückgewiesen haben, während sie sich selbst andererseits ... der rumänischen Metropolie unterstellen? Oder dass sie kanonisch befähigt sein könnten, die Ausstellung von kanonischen Entlassungen anstelle des Erzbischofs anbieten zu können?

 

Der Respekt vor unseren Statuten (und ich möchte hinzufügen: vor unseren Canones) zeigt sich am Respekt vor ihrem Geist und vor ihren Prinzipien, an deren erster Stelle die Konziliarität steht. Ich habe unsere Pastoral- und General-Versammlungen einberufen und ich habe es übrigens für die letzte Generalversammlung gegen den Widerstand derjenigen gemacht, die Euch geschrieben haben. Ich habe die kraftvolle Botschaft gehört, die diese Versammlungen ausgesendet haben. Und ich habe meine Verantwortung als Bürge unserer Statuten und des pastoralen Dienstes wahrgenommen.

 

Ich hätte mir gewünscht, dass diejenigen, die vorgeben, unsere Statuten dergestalt buchstäblich zu respektieren, auch entsprechend umsichtig gehandeln hätten, als es für sie darum ging, statutengemäße Regeln der Zusammenrufung des Rats der Erzdiözese und seiner Funktionsweise zu umgehen, und auch als sie vorgegeben haben, im Namen desselben Rats in seiner Gesamtheit zu handeln und großflächig zu kommunizieren, während wichtige Mitglieder dieses Rats, wie der Präsident, der Vizepräsident und der Sekretär, bewusst ausgeschlossen wurden und nichts von all ihren Initiativen wussten. Sie haben mir noch nicht einmal ihre Kommuniqué geschickt...

 

Liebe Väter, geliebte Brüder und Schwestern, ich möchte mich vor allem an all jene von Euch wenden, denen die gegenwärtige Situation und denen die Zerreißproben dieser letzten Wochen nahegehen.

 

Ich bin in meiner tiefsten Seele und von ganzem Herzen davon überzeugt, dass es keine andere Lösung gab und gibt als jene, für die ich mich als Euer Hirte entschieden habe gemäß den mehrheitlichen Entscheidungen unserer Versammlungen.

 

Ich bitte Euch inständig, die kanonische und rechtliche Leere in Betracht zu ziehen und ich habe moralische Bedenken bei dem, was Euch als angebliche Wahlalternative vorgestellt worden ist, deren Verantwortung ist zu tragen habe, weil ich Euch, was mich betrifft, nicht verlassen habe.

 

Wir müssen die Kraft haben, die Verletzungen, die vorbeigehen werden, und die Schwierigkeiten dieser letzten Monate zu überwinden und unsere Zukunft gemeinsam aufzubauen.

 

Um das zu tun, werde ich bald eine Pastoralversammlung einberufen, damit unsere Kleriker gemeinsam und an meiner Seite konziliar die kanonische Eingliederung bestätigen können, die wir erhalten haben; das erlaubt unserem Erzbistum, sich dem Moskauer Patriarchat einzugliedern mit seiner Autonomie und gemäß den im Projekt der Eingliederung erarbeiteten und definierten Modalitäten, über die wir mit dem Moskauer Patriarchat in diesem Sommer ein Einvernehmen erzielen konnten. Dann werden wir unsere Statuten ändern können.

 

Bis dahin, und da jetzt die Wahlmöglichkeiten klar sind, wie auch ihre Auswirkungen, lade ich jeden von uns ein, ruhig zu bleiben, nachzudenken und zu beten. Die Wahlmöglichkeiten sind oft schmerzvoll, doch wir dürfen unsere Liebe und unseren Respekt vor dem Nächsten nicht aus den Augen verlieren, da wir ja die ersten Zeugen für sie sein sollen.

 

 

† JOHANNES, Leitender Erzbischof der “Union Directrice Diocésaine des Associations orthodoxes russes en Europe Occidentale“

 

 

Paris, am 17. September 2019